Forschungsdatenmanagement-Projekt bw2FDM: Best Practice für Beratungen und Schulungen

Ein Interview mit Elisabeth Böker und Peter Brettschneider

Forschungsdatenmanagement (FDM) ist im Themenfeld Open Science ein absolutes Kernthema. Dem widmet sich auch das baden-württembergische Begleit- und Weiterentwicklungsprojekt für Forschungsdatenmanagement (bw2FDM). Ein Ziel im Projekt bw2FDM ist die Schaffung eines facettenreichen Bildungsangebots, um Nachhaltigkeit und Vernetzung der gesamten Forschungsdatenmanagement-Community weiter voranzubringen. Darüber hinaus betreibt das bw2FDM die Informationsplattform forschungsdaten.info, die eine umfangreiche Sammlung von Artikeln zu den verschiedensten Themen des FDM bietet. Keines dieser Angebote ist auf eine bestimmte Institution beschränkt, sie richten sich an die gesamte deutschsprachige Community.

Stellt das Projekt doch mal in drei Sätzen vor: Was ist der Auftrag / das Ziel / die Vision von bw2FDM?

Elisabeth Böker: bw2FDM ist die baden-württembergische Landesinitiative für Forschungsdatenmanagement, die vom Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg gefördert wird. Wir verfolgen vier Hauptziele, das sind:

  • Die Koordination der Querschnittsthemen der vier Science Data Center in Baden-Württemberg.
  • Wir wollen die Informationsplattform forschungsdaten.info weiter zu der zentralen FDM-Plattform für den deutschsprachigen Raum ausbauen.
  • Wir bieten Beratungen und Schulungen zum Thema Forschungsdatenmanagement vorrangig für Forschende aus Baden-Württemberg an.
  • bw2FDM zeichnet sich verantwortlich für die Planung und Durchführung der Konferenz E-Science-Tage.

Abb. 1: Schaubild Übersicht Projektbereiche bw2FDM / Axtmann u. Reifschneider / CC BY 4.0

An bw2FDM interessieren uns besonders die Beratungen und Schulungen zu Forschungsdatenmanagement (FDM), die ihr ja auch auf der Open Science Conference 2021 vorgestellt habt. Wie seid ihr da rangegangen? Wer ist eure Zielgruppe? Was bietet ihr konkret an? Und wer kann das Angebot an Schulungen und Beratungen nutzen?

Elisabeth Böker: Das unterscheidet sich etwas je nach Format: Bei unseren Schulungen nehmen wir vorrangig Forschende aus Baden-Württemberg in den Blick. Mit unserem Open-Science-Kurs richten wir uns direkt an die Studierenden der Universität Konstanz. Wir wollen sie bereits im Studium an das Thema Open Science heranführen und freuen uns über den regen Anklang. Der Kurs „Open Science: Von Daten zu Publikationen“ steht unter der Lizenz CC BY – eine Nachnutzung wäre klasse! Die Videos haben wir zudem auch – ganz im Sinne der Offenheit – als Open Educational Resources (OER) auf Zenodo und dem Zentralen OER-Repositorium der Hochschulen in Baden-Württemberg (ZOERR) sowie der Materialsammlung der Unterarbeitsgruppe Schulungen/Fortbildungen der DINI/nestor AG Forschungsdaten publiziert und auf der Website des Konstanzer Team Open Science eingestellt. Im Gegensatz dazu richtet sich forschungsdaten.info live an alle Interessierten – sowohl an Forschende als auch FDM-Beauftragte – aus dem gesamten deutschsprachigen Raum.

Peter Brettschneider: Wir versuchen Forschungsdatenmanagement ganzheitlich zu denken – dazu gehört auch, dass man unterschiedliche Zielgruppen anspricht. Außerdem sorgt es dafür, dass uns die Schulungen nie langweilig werden.

Inwieweit vermittelt ihr gezielt Open-Science-Themen beispielsweise im Bereich Open Data?

Elisabeth Böker: Unser Schwerpunkt liegt auf Forschungsdatenmanagement. Der Leitsatz der EU-Datenstrategie „as open as possible, as closed as necessary“ ist uns da enorm wichtig, daher betonen wir diesen stets.

Bibliotheken passen wunderbar in eine datenbasierte Wissenschaftswelt.
– Peter Brettschneider

(Wie) Sind wissenschaftliche Bibliotheken und andere digitale Infrastruktureinrichtungen im Bereich Schulungen und Beratungen eingebunden?

Peter Brettschneider: Bibliotheken passen wunderbar in eine datenbasierte Wissenschaftswelt. Es ist ihr Kerngeschäft, Informationen zu sammeln und diese den Nutzer:innen bereitzustellen. Forschungsdaten sind längst Teil des digitalen Bestandes von Bibliotheken. Deshalb sind Bibliothek und Rechenzentrum die natürlichen Ansprechpartner:innen, wenn es beispielsweise gilt, an einer Universität ein Forschungsdatenrepositorium zu betreiben. Solche Dienste sollten aber von Beratungs- und Schulungsangeboten flankiert werden. Auch dabei geht es wieder darum, Forschungsdatenmanagement ganzheitlich anzugehen: Es reicht nicht, einfach Hardware und IT-Dienste hinzustellen, sondern es braucht auch Menschen, die diese erklären, bekanntmachen und Forschenden helfend zur Seite stehen.

Das Projekt läuft von 2019 bis 2023. Das heißt, ihr habt gerade Halbzeit. Zieht doch mal ein Zwischenfazit: Was sind eure, sagen wir mal, 3-5 wichtigsten Learnings aus den letzten zwei Jahren?

Elisabeth Böker: „FDM ist Teamsport“ haben wir in einer Publikation zu unserem Projekt geschrieben. Ganz in dem Sinne würde ich sagen, gemeinschaftlich Themen angehen, Synergien nutzen und dann zum Ziel spurten, klappt wunderbar. Besonders erfreulich ist das etwa bei der Informationsplattform forschungsdaten.info zu sehen. Wir haben es geschafft, in der ersten Halbzeit Kolleg:innen aus Österreich und der Schweiz für die Mitarbeit zu gewinnen – der Ausbau soll auch in der zweiten Phase genauso intensiv weitergehen. Der Bedarf nach rechtlichen Themen ist enorm hoch, da haben wir großes Glück, mit Peter Brettschneider einen Juristen mit im Team zu haben.

FDM ist Teamsport.
– Elisabeth Böker

Peter Brettschneider: Bei rechtlichen Fragen besteht eben viel Unsicherheit. In unseren Schulungen kombinieren wir rechtliche Themen gerne mit grundlegendem FDM-Wissen. Das ist uns wichtig, denn die zentralen Botschaften zu Forschungsdaten und ihrem Management – wie die Bedeutung von FAIR Data – kann man gar nicht oft genug betonen.
Andererseits ist Forschungsdatenmanagement aber auch kein Selbstzweck. Es ist nicht unsere Aufgabe zu missionieren. Vielmehr geht es darum, Forschende dabei zu unterstützen, ihre Forschung sichtbar und nachnutzbar zu machen.

Wie ist bisher die Resonanz zu eurem FDM-Beratungs- und Schulungsangebot?

Elisabeth Böker: Wir sind sehr zufrieden, gerade bei forschungsdaten.info live haben wir im Durchschnitt über hundert Teilnehmende verzeichnen können. Ein Bedarf besteht also!

Welche FDM-Themen oder -Formate sind in eurem Angebot besonders beliebt?

Elisabeth Böker: Forschungsdaten.info live als Format erfährt eine sehr gute Resonanz – auch wegen des Fokus auf den gesamten deutschsprachigen Raum. Ein Selbstläufer sind Veranstaltungen, bei denen wir rechtliche Themen behandeln.

Wenn ich euch richtig verstanden habe, ist das bw2FDM-Projekt im Bereich Schulungen und Beratungen bislang ein großer Erfolg. Gibt es Pläne, euer Projekt auf ganz Deutschland zu skalieren?

Elisabeth Böker: Mit forschungsdaten.info live agieren wir ja sogar bereits im gesamten deutschsprachigen Raum. Unsere anderen Schulungen für Forschende wollen wir weiterhin vorrangig in Baden-Württemberg bewerben – sowohl an den Universitäten wie auch an den Hochschulen. Zum einen, weil wir die Förderung durch unser Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst erhalten, zum anderen, weil viele andere FDM-Landesinitiativen selbst Schulungen anbieten.

Gibt es vielleicht schon ähnliche Projekte in anderen Bundesländern? Inwiefern arbeitet ihr mit diesen zusammen?

Elisabeth Böker: Ja, auch viele andere Bundesländer haben vergleichbare FDM-Projekte bzw. dezidierte Landesinitiativen. Diese stellen sich auf forschungsdaten.info vor. Sowohl in einem Austauschgremium der Landesinitiativen als auch über das Redaktionsnetzwerk von forschungsdaten.info stehen wir in einem engen und sehr angenehm kollegialen Austausch.

Rechtlich sichern wir Nachhaltigkeit, indem wir die Ergebnisse des Projekts systematisch unter freien Lizenzen zur Nachnutzung freigeben.
– Peter Brettschneider

Nachhaltigkeit spielt für euer Projekt eine große Rolle. Wie stellt ihr diese sicher?

Peter Brettschneider: Nachhaltigkeit hat mehrere Dimensionen: Strukturell versuchen wir durch Partnerschaften mit anderen Einrichtungen, Angebote langfristig abzusichern. So wird forschungsdaten.info längst nicht mehr allein von unserem Projekt, sondern von einem Redaktionsnetzwerk aus ca. 20 Institutionen getragen. Rechtlich sichern wir Nachhaltigkeit, indem wir die Ergebnisse des Projekts systematisch unter freien Lizenzen zur Nachnutzung freigeben. So werden alle Schulungsmaterialien unter Creative Commons BY 4.0 lizenziert. Die Inhalte der Seite forschungsdaten.info sind sogar gänzlich ohne Bedingungen weiterzuverwenden, da wir mit CC 0 1.0 auf unsere Rechte verzichten. Vielleicht am schwierigsten ist es, personelle Nachhaltigkeit sicherzustellen. Forschungsdateninfrastrukturen werden aktuell – die Nationale Forschungsdateninfrastruktur (NFDI) ist das beste Beispiel – in wesentlichen Teilen von Projektmitarbeiter:innen getragen. Das ist bei einer Materie, die auf Langfristigkeit angelegt ist, ein echtes Problem.

Zum bw2FDM-Projekt und zu forschungsdaten.info:

Das könnte Sie auch interessieren:

Wir sprachen mit mit Elisabeth Böker und Peter Brettschneider

Dr. Elisabeth Böker ist Projektkoordinatorin von bw2FDM, eine vom Ministerium für Wissenschaft und Kunst des Landes Baden-Württemberg geförderte FDM-Initiative, und hat die Chefredaktion von forschungsdaten.info inne. Sie arbeitet im Team Open Science des Kommunikations,- Informations- und Medienzentrums der Universität Konstanz. Sie ist auch auf ORCID zu finden.
Porträt: Elisabeth Böker©

Peter Brettschneider is a subject specialist in legal studies, a member of the Open Science team and responsible for copyright issues at the Communication, Information, Media Centre (KIM) at the University of Konstanz. He also works in the bw2FDM project on training, consulting and the website forschungsdaten.info. Er ist auch auf ORCID zu finden.

Diesen Blogpost teilen:

Fehlende deutsche Übersetzung

Barcamp Open Science: Lernen, wie man etwas bewegt Open Science in Forschungsprojekten: Bibliothek unterstützt vom Förderantrag bis zum Abschlussbericht Open-Science-Policies: Was ist mit Gleichberechtigung und Inklusion?

View Comments

Bibliothek als Ort nach Corona: Hybrid und partizipativ?
Nächster Blogpost